wie sich ein mensch fühlen muss, wenn er bewusst die letzten minuten erlebt, bevor sein leben abbrechen (oder abgebrochen) wird, ist auf dem üblichen spekulativen weg des imaginierens kaum vorstellbar, in jedem falle jedoch nicht darstellbar. es ist die alte frage - was würdest du tun, wenn du nur noch 12 stunden zu leben hättest?, nur stellt sie sich unter deutlich veränderten rahmenbedingungen - was würdest du tun, wenn du nur noch 12 stunden zu leben hättest, aber das einzige, was du tatsächlich bestimmen darfst, ist deine letzte mahlzeit?
die frage ist so fasziniernd und so müßig zu gleich, weil sie sich genau wie ihre schwesterfrage (was kommt nach dem tod?) einfach nicht beantworten lässt, weil sie ins gebiet jenseits des vorstellbaren führt. die letzten worte von piloten, die den kampf um ihr eigenes flugzeug und damit ihr leben aufgegeben haben, zeugen von diesem "reich des unsagbaren"; wenn man ihnen bis in die letzte silbe folgt, fühlt man sich senkbleihaft auf den grund dieses jenseits sinken. ähnlich geht es einem, wenn man sich die letzten dinge im leben eines todeskandidaten vor augen führt:
bill benefiel, der die letzten stunden seines lebens vor dem fernseher und mit einem ausgiebigen, geradezu gelageähnlichen mahl verbringt: pizza, sandwich, 4 sorten eiscreme, 1 ganzer apfelkuchen, sechs dosen cola. der noch einmal richtig reinhaut, bevor sein leben enden wird.
todd willingham, der sich nicht erhebt, als der gefängnisaufseher in seiner zelle erscheint und ihm mitteilt, dass "es zeit sei", der sich in die todeskammer tragen lässt, der keinen schritt tut, der auch nicht um sich schlägt, der sich fügt, ohne sich aktiv an seiner eigenen hinrichtung zu beteiligen.
betty beets, die auf die frage nach einem letzten statement nur schüchtern und flüchtig lächeln kann, die den kopf schüttelt, sich unsicheren schrittes zur liege dreht, auf der sie sterben wird, die noch einmal über die schulter blickt, die augenbrauen besorgt zusammengezogen, als würde sie fragen wollen: "ob das mal gut geht?"
(cr)
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